Ideenmanagement der nächsten Generation: Ein neues [Paradigma]

08.02.2022

7. Mai 2021 / Crowd, Ideen finden und entwickeln, Ideenmanagement und Innovationsmanagement-Software / Von Jürgen Stäudtner

https://www.cridon.de/ideenmanagement-der-naechsten-generation-ein-neues-paradigma/

Ideenmanagement im deutschsprachigem Raum ist bürokratisch und bleibt oftmals hinter den Möglichkeiten zurück. Unternehmen, die über den Aufbau von Ideenmanagement nachdenken, sollten nicht bestehende Systeme kopieren, sondern den nächsten Schritt gehen und neue Erkenntnisse sowie internationale Entwicklungen annehmen.

Inhalt

Bild: Kraftwerk

Klassisches Ideenmanagement greift zu kurz

Clusterfuck

Vielen Konzerne und Unternehmen der deutschsprachigen Hemnisphäre wenden Prozesse des klassischen Ideenmanagements an.

Diese Abläufe sind im Verlauf von über hundert Jahren entstanden. Es ist kein Wunder, dass sie Schwächen haben:

  • Keine Motivation: Die Teilnehmer werden zwar aufgefordert Ideen zu haben. Aber sie werden nur monetär oder durch Erwartungshaltungen motiviert. Ideenmanagement wird häufig darauf reduziert, Kosten zu senken und Prozesse zu optimieren
  • Wenig Unterstützung: Teilnehmer werden nicht dabei unterstützt, Ideen zu haben oder zu finden. Es beginnt schon damit, dass dafür die Zeit fehlt
  • Fehlendes Verständnis: Zu wenig Menschen in verantwortlichen Positionen begreifen die Wichtigkeit von Ideen und wie Kreativität funktioniert
  • Ausufernde Bürokratie: Damit genau die richtige Idee umgesetzt wird und auch jeder die gerechte Prämie erhält, hat sich eine ausufernde Bürokratie gebildet. Diese schlägt sich oft in umfangreichen Betriebsvereinbarungen nieder
  • Keine Zeit für Experimente: Nur Ideen werden zugelassen, die zum Erfolg führen. Damit fällt alles Neue und Gewagte durchs Raster. Die Folge: Weniger Rendite

1. Der Paradigmenwechsel von Arbeitskraft zu Kreativität

Seit der industriellen Revolution nutzen wir die Arbeitskraft der Menschen. Wenige Personen definieren die Strategie eines Unternehmens oder haben die Zügel bei Finanzen in der Hand. Das Heer der Mitarbeitenden wird nicht für das Denken bezahlt, sondern ist für das Handeln zuständig. Und Handlungen sind reglementiert: Betriebsvereinbarungen, Arbeitsanweisungen und Vorschriften engen den Spielraum der Menschen ein. Damit alles möglichst effizient wird und gleich bleibt.

Der Mensch als Maschine

Computer und Roboter sind Maschinen. Durch die Digitalisierung werden sie immer besser. Die war genommene Leistungskraft von Computerchips verdoppelt sich alle ein bis zwei Jahre. Die dramatischen Fortschritte werden deutlicher. 

Roboter übernehmen automatisierbare Aufgaben von Menschen. Menschen werden Maschinen ähnlicher.

Nicht Sascha Lobo sondern Kraftwerk kam als erster darauf, sich Mensch-Maschine zu nennen.

Mensch Maschine
Mensch Maschine

Die Manager des 20. Jahrhunderts waren von einer Frage besessen: Wie kann man mehr aus einem Menschen herausholen?

If there was a single question that obsessed 20th century managers, from Frederick Taylor to Jack Welch, it was this: How do we get more out of our people?

Gary Hamel

Der Mensch ist keine Maschine

Bis Computer und Roboter kognitive Aufgaben so gut übernehmen können wie Menschen, wird es noch lange dauern. Allerdings müssen sich Menschen künftig andere Betätigungsfelder suchen, um Computern oder Robotern überlegen zu sein: Auch Busfahrer, Piloten, Sachbearbeiter sind gefährdet. Ihre Arbeit könnte automatisiert werden. 

Um wettbewerbsfähig zu sein müssen Mitarbeiter mehr bieten als Roboter – sie müssen kreativer und innovativer werden.

Kreativität und Leidenschaft kann man nicht kaufen

Kreativität und Leidenschaft des Einzelnen werden essentiell für den Erfolg der Unternehmen der Zukunft. Unternehmen müssen sich umstellen. 

Die wesentlichen Prinzipien des Managements im 21. Jahrhundert sind bereits klar: Entscheidungen werden in Teams gefällt, Werkzeuge für Kreativität werden überall zugänglich sein, Strategien entstehen von unten-nach-oben und Macht wird eine Funktion der Kompetenz

Gary Hamel

Aber Kreativität und Leidenschaft sind keineswegs eine Bringschuld der Menschen. Man kann diese nicht kaufen.

2. Motivierte Menschen schenken Kreativität und Leidenschaft

Viele Menschen schaffen ihr tägliches Arbeitspensum heute knapp, sind nach der Arbeit völlig ermattet und können sich während kurzer, von e-Mails unterbrochener Urlaube, nicht erholen.

Die Harvard Professorin Teresa Amabile kritisiert die heutige gängige Unternehmenspraxis. Ihrer Überzeugung nach sind viele Arbeitenden der inneren Kündigung nahe. 

„Wirklich talentierte Personen verlieren Ihre Motivation, wenn sie keinen Fortschritt sehen. Sie gehen zur Tür hinaus, sobald sie dazu eine Gelegenheit haben.“

Teresa Amabile

Sie und die Beratung Gallup empfehlen, Freiräume zu lassen, um eigene Erfolge erzielen zu können. Sie sagt, dass Fortschritt der größte Motivator unserer Zeit ist:

Amabile empfiehlt, die Arbeit so zu gestalten, dass Mitarbeiter jeden Tag einen kleinen Fortschritt in die Richtung erzielen können, die sie interessiert.

Und die meisten Menschen interessieren sich für etwas anderes, als der Chef. 

Wenn Menschen erfüllte Arbeit hätten, dann wäre kein teures Motivationsprogramm erforderlich.

cridon Spruchgeber

Es gibt Unternehmen, die dies verstanden haben und ihren Mitarbeitern erlauben an der Umsetzung eigener Ideen mitzuwirken.

3. Freiraum für mehr gute Ideen

Bei Kreativität denken viele an Brainstorming oder anderen Kreativitätstechniken in Gruppen. Dabei wissen wir längst, dass Menschen alleine kreativer sind. In Gruppen bespricht man sich, korrigiert und nimmt neue Inspiration mit.

Gute Ideen finden

Ideen hat man am besten alleine, während man einer automatisierten Tätigkeit nachgeht. Man sollte nicht schlafen, gestresst oder müde sein, aber dennoch nicht nachdenken müssen.

Geheimnis gute Idee
Peter Breuers Geheimnis der guten Idee

Aber genau in solchen Phasen befinden sich immer weniger Arbeitnehmer. Wenn man keine Zeit hat, helfen auch keine teuren Sitzecken, Kicker oder Freigetränke.

Menschen benötigen mehr Freiraum und weniger einengende Vorschriften und Prozesse. Sie brauchen Transparenz und müssen Entscheidungen nachvollziehen können.

Bias vermeiden 

Menschen sind leicht zu beeinflussen, im Guten aber auch im Schlechten – der Nobelpreisträger Daniel Kahneman zeigt dies mit seinem Buch „Schnelles Denken – langsames Denken“.

Beispiele psychologischer Effekte sind:

  • Menschen helfen nicht, wenn auch andere helfen könnten (Bystander bias)
  • Vielen glauben, sie sind der oder die Beste (Egocentric bias)
  • Die wenigsten rechnen Sie mit dem Schlimmsten, sie sind zu optimistisch (Optimism bias)
  • Verraten sie nicht zu viel, wenn sie eine Frage stellen, denn dadurch verändern sie die Wahrnehmung des Gefragten (Anker Effekt)

Die Teilnehmer des Ideenmanagements werden sozusagen manipuliert.

Nudges nutzen 

Der Nobelpreisträge Richard Thaler und Cass Sunstein legen in dem Bestseller „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ dar, dass man solche Manipulationen kaum vermeiden kann. 

Deshalb sollte man sie für gute Zwecke einsetzen und Menschen so manipulieren, dass dies einen positiven Effekt auf die Gesellschaft hat. Beispielsweise kann dadurch, dass man die Anordnung von Speisen in einer Kantine oder auf einem Buffet optimiert beeinflussen, wie gesund Menschen essen. 

Schnell festhalten

Ideen sind flüchtig. Im Alltag und bei der Arbeit sind sie oft so schnell verschwunden, wie sie gekommen sind. 

Deshalb müssen wir Ideen sofort aufschreiben oder fotografieren. Zur Analyse der Ideen ist später noch Zeit. Längst vergessene Ideen können sich als Juwel erweisen.

Allerdings wollen wir schnell erkennen können, ob eine Idee schon einmal da war oder ob sie verwandt ist mit anderen Themen. Hier kann Software helfen.

4. Experten sind gefragt, liegen aber schnell daneben

Expertenwissen ist in den letzten zwei Jahrzehnten gefragt wie nie. Wenn man keine relevante Expertise vorzuweisen hat, ist man Alteisen und wird aussortiert. 

Keine Idee darf umgesetzt werden ohne dass Gutachter, Experten oder Vorgesetzte zustimmen!

Ob an der Börse, als Firmenlenker oder als Fachfrau und Fachmann: Psychologen haben längst gezeigt, dass gerade Experten anfällig sind für Fehler. Die Achillesverse: Mehr noch als andere Menschen vertrauen Experten in ihre Fähigkeit.

Das Richtige tun, statt Dinge richtig zu tun

Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl nicht, wenn Sie eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten:

  • Bereue ich, meinem Bauchgefühl zu vertrauen?
  • Habe ich wenige relevante Daten?
  • Habe ich genügend Erfahrung (10.000 Stunden Übung, Kahneman und Klein)
  • Passt die Fragestellung wirklich zu meiner Expertise
  • Steht viel auf dem Spiel?

Auch Experten sollten in Szenarien planen und in Wahrscheinlichkeiten denken. Zudem müssen sie ihre Hypothesen immer wieder prüfen.

5. Richtig eingesetzt hat Schwarmintelligenz oft Recht

Crowdsourcing, im Deutschen am besten übersetzt mit Schwarmintelligenz, hat im vergangenen Jahrzehnt für Furore gesorgt und einige Initiativen sind heute noch stilprägend. 

Schwarmintelligenz (oder kollektiver Intelligenz) hilft nicht nur beim Ideenmanagement, sondern auch bei Innovationen, der Optimierung von Prozessen und mehr. 

Für gute Ergebnissen müssen allerdings die folgenden Dinge berücksichtigt werden:

Wisdom of the Crowd 

Schwarmintelligenz oder die Weisheit der Vielen ist lange bekannt: Grundsätzlich versteht man darunter, dass die „Weisheit der Vielen“ oftmals besser abschneidet als einzelne Experten – viele Menschen können klüger sein als einzelne Personen. Der Publikumsjoker bei „Wer wird Millionär“ ist nicht der schlechteste Joker.

Dies kann man im Ideenmanagement nutzen. Wenn man genügend Teilnehmer akquiriert und diese beim „Managen“ der Ideen mitmachen lässt, bekommt man mehr und bessere Ideen.

Die dabei entstehende Dynamik kann man mit Gamification verstärken.

Derjenige, der am meisten Menschen für seine Sache begeistern kann hat die größten Chancen. Objektiv ist dies nicht, aber hilfreich im Sinne der Umsetzung. Je mehr Menschen eine Sache unterstützen, desto leichter lässt sich diese erreichen.

Bessere Vorhersagen

So wie die Urteilskraft der Experten überschätzt wird, so wird die Fähigkeiten einer Menschenmenge zur sinnvollen Bewertung eines Vorhabens unterschätzt.  Einige hundert Personen urteilen meistens verlässlicher als einzelne Experten – gerade was künftige Entwicklungen angeht.

Crowd Darts Schimpansen
Bild: Katia Fouqet, Jacqueline Stevens, New York Times, 23. Juni 2012

Prefessor Philip Tetlock hat in seinen Buch „Superforecaster“ gezeigt, dass die wenigsten Experten bei Prognosen besser abschneiden als der Zufall. Schwarmintelligenz schlägt den Zufall knapp.

Nur sogenannte Superforceaster, die sehr sorgfältig vorgehen und ihre Hypothese immer wieder hinterfragen, sind besser.

Hypemachine: Veränderungen der Gesellschaft

Social Media hat sich um die Welt verbreitet.

Professor Sinan Aral schreibt in seinem Buch „The Hype Machine“, dass Viele nicht immer weise sind. Der Newsfeeds und das System zum Finden von Freunden in sozialen Netzwerken verengen unseren Blickwinkel. Denn die verwendeten Algorithmen präsentieren uns nur das, was uns gefällt. Kontroverse Fakten oder zufällige Bekanntschaften werden zur Mangelware. 

Fake news, ein populärer Begriff für einen wissenschaftlichen Terminus, verbreiten sich schneller, weil sie spannender klingen. Sie werden nicht nur von den „Doofen“ geklickt und weitergeleitet.

6. Kreatives Miteinander statt Prämienjagd

Kollaboration 

Für die meisten Arbeitnehmer ist es heute selbstverständlich, zusammen zu arbeiten. 

Beim Thema Ideen nicht – forciert durch Betriebsvereinbarungen und gedrängt von der Unternehmensführung kochen hier viele Menschen ihr eigenes Süppchen.

Teamarbeit wird in vielen Unternehmen gefordert. Zu Recht, denn vor allem Teams mit hoher Diversität können sehr erfolgreich sein.

Modernes Ideenmanagement kann Teams entstehen lassen. Menschen unterschiedlichster Herkunft und Expertise können zu weltweiter Zusammenarbeit finden. 

Kampagnen

Der berühmte Briefkasten zum Einwerfen von Ideen hat ausgedient. Nicht nur, weil heute jeder ein Smartphone hat.

Sondern, weil zielgerichtete Kampagnen die Chance zur Zusammenarbeit erhöhen und so die Qualität der Ideen verbessern.

Unternehmen erzielen die besten Ergebnisse, wenn sie temporäre Ideen-Projekte (meistens ein bis drei Monate) durchführen. Diese sollten eine klar gestellt Frage zum Ziel haben und sich an eine dazu passende Gemeinschaft wenden.

Dies lässt sich praktisch zeigen. Unser Partner Qmarkets hat Daten zu einer Vielzahl von Ideen-Kampagnen mit mehr als 5.000 Teilnehmern (Erfolg) ausgewertet und mit klassischem Ideenmanagement (Prämien) verglichen:

Prämien und Erfolg
Prämien und Erfolg

Prämienjäger arbeiten weitestgehend alleine und reichen viele Ideen ein. Die Interaktion bleibt auf der Strecke.

Zielgerichtete Kampagnen führen zu geringfügig weniger Ideen aber zu deutlich besserer Interaktion.

Solche Kampagnen müssen professionell aufgesetzt werden und benötigen Moderation. Sonst kann der Keim des Miteinanders im Kompetenzgewirr erstickt werden.

Der vertrauensvolle Umgang miteinander erhöht die Bereitschaft mitzumachen. Aber auch die anonyme Teilnahme kann angebracht sein, damit man autoritären Chefs unerkannt widersprechen kann.

Motivation, Erfolg und Gamification

Kollaboration kann motivierend wirken. Erfolg motiviert ganz sicher.

Durch Gamification kann dies verstärkt werden, so dass Teilnehmer eine Ideenmanagement-Software gerne verwenden, Ideen bewerten und kommentieren!

Mitarbeiter des Monats, Punktesystem mit „High-Scores“ wie bei Videospielen, Bewertungen und vieles mehr macht das Mitmachen noch spannender.

 So können sich Diskussionen entwickeln, Ideen zusammengefasst oder zurückgezogen werden: Natürliche Selektion statt mühsamer Bewertung!

7. Ideen ist es egal, woher sie kommen

Klassisches Ideenmanagement wird vorwiegend für interne Verbesserungen eingesetzt. Aber Ideen sind überall von nutzen. Und Ideen müssen nicht von innen kommen!

Einbinden und kommunizieren

Die Statistiken unseres Partners Qmarkets, der ca. 600 Kampagnen ausgewertet hat, sprechen eine klare Sprache.

Nur ein Viertel der internationalen Kampagnen unseres Partners dienen der kontinuierlichen Verbesserung, KVP, und dem betrieblichen Vorschlagswesen.

Warum-Ideenmanagement

Ideenmanagement wird weit häufiger in der Forschung und Entwicklung eingesetzt als angenommen. In interdisziplinären Teams werden Lösungen gesucht und kreative Optionen eröffnet.

Unternehmen können zudem die Kundenzufriedenheit verbessern und Mitarbeiter einbinden, überraschen und für Ideen begeistern. Ein Drittel aller Kampagnen diente diesem Zweck!

Open Innovation

Seit Henry Chesbrough 2003 darüber schrieb ist bekannt, dass Open Innovation sinnvoll ist. Nach einer anfänglichen Durststrecke mit überschaubaren Ergebnissen gibt es wieder mehr Unternehmen, die auf Open Innovation setzen.

Firmen setzen darauf, es beispielsweise Procter & Gamble gleichzutun, das mit einem ganzen Kosmos an Partnern „febreze“ zu einem weltweiten Erfolg machte. Das Programm connect & develop steht dafür, mit Entwicklern aus der ganzen Welt Probleme der Kunden von Procter & Gable zu lösen.

Aber auch mit kleinen Kunden kann man erfolgreich Open Innovation betreiben. „Lays“, ein Hersteller von Kartoffelchips hat damit so erfolgreich neue Geschmacksrichtungen eingeführt, dass nun ganz Pepsico Kunden ermöglicht, mitzugestalten.

Trend-Scouting

Der deutschsprachige Raum ist sehr fokussiert auf Technik. Hier gilt es als wichtig, von neuen technischen Entwicklungen möglichst schnell zu erfahren.

Ideenmanagement kann dies leisten. Zum Beispiel indem man die entsprechenden Systeme mit Datenbanken verknüpft, die Trends oder Startups beinhalten.

Einerseits kann man solche Trends selbst abbilden, oder man kauft Start-Ups aus den entsprechenden Bereichen.

Intrapreneurship

Der Intrapreneur ist innerhalb eines Unternehmens unternehmerisch tätig. 

Im Kern geht es darum, unternehmerischen Menschen auch innerhalb von Firmen eine Möglichkeit zu bieten. Oder zumindest gemeinsam mit diesen Mitarbeitern neue Projekte umzusetzen. Beispiele wie Adobe, das von ehemaligen Xerox Mitarbeitern gegründet wurde, weil sie ihren Ideen bei Xerox nicht umsetzen konnten, sollen vermieden werden.

Firmen wie Nestle oder Google, die langjährig Erfahrung mit solchen Angeboten haben, ist es gelungen, so eine Reihe von Innovation auf den Markt zu bringen. 

Bei Google konnten Mitarbeiter bis zu 20% der Zeit in eigene, kleinere Projekte investieren. Apple hat die 20%-Regel eingeführt, um die Überperson Jobs aus den Köpfen der Mitarbeiter zu vertreiben. Erfunden hat die 20%-Regel 3M: Dort verwendet man diese seit 1948 sehr erfolgreich – als 15%-Regel.

8. Entwickeln Sie Ihre Idee weiter

Das neue Ideen-Formular

Bei vielen Firmen werden Ideen mit kurzen, textlichen Beschreibungen erfasst. Das führt dazu, dass man Ideen schnell einreichen kann, aber es verleitet auch dazu, wenig über Ideen nachzudenken. 

Mit präzise formulierten Fragen und entsprechend gestalteten Ideen-Formularen ist es möglich, Einreichende darauf hinzuweisen, dass es mit einem Satz nicht getan ist. 

Dafür gibt es verschiedenste Vorlagen wie beispielsweise CO*Star, das Business Model Canvas, oder das Lean Canvas. 

Einreichende werden durch Fragen wie „Wer ist potentieller Kunde der Idee“, oder „Wie groß ist die Einsparung durch diesen Verbesserungsvorschlag“ gelenkt und durch Videos oder Handlungshilfen unterstützt.

Ideensynthese

Gute Ideen fallen nicht vom Himmel – sie reifen nach und nach. Am schnellsten geht dies, wenn man Anregungen anderer Menschen zu den eigenen Ideen erhält.

Menschen haben Ideen auf Basis ihres Wissens.

Wenn Sie sich unterhalten, dann erweitern sie Ihr Wissen – sie lernen über die Ideen anderer und können darauf aufbauen. 

Weil die Menschheit bereits so viele Ideen hatte, ist es nur folgerichtig, dass neue Ideen oft aus alten Ideen resultieren.

Egal wie man es nennt: Ideensynthese, The fourth Quadrant, oder Cross-Innovation – eine gute Idee hat oft mehrere Vorläufer.

Weg entstehen durch gehen

Schwarmintelligenz

Schwärme finden nicht nur im Tierreich gute Wege. Wie beschrieben sind große Gruppen von Menschen äußerst hilfreich.

Bewertungen

Durch Social Media, Bewertungen und Gamification lässt sich Ideenmanagement so gestalten, dass zu einem Stichtag ein klares Votum der „Crowd“ feststeht. Dies ist von einigen Firmen bereits praktiziert worden. 

Allerdings muss man dann konsequent sein, und diese Entscheidungen übernehmen, denn sonst ist das Werkzeug Ideenmanagement in der Community verbrannt.   

Abstimmung zwischen Alternativen

Einfacher ist es, mehrere Alternativen zur Auswahl zu stellen, quasi eine Abstimmung durchzuführen. Diese können sehr unterschiedlich gestaltet werden. 

Die reine Auswahl kann durch „Tokens“ unterstützt werden, bei denen jeder Teilnehmer eine Anzahl erhält und auf die Alternativen aufteilen kann.

Zudem lassen sich Tendenzen erkennen, wenn man das Ergebnis der Abstimmung laufend anzeigt. So ergeben sich „Trendkurven“.

Objektivierte Stage-Gates

Heute ist es üblich, aufwendige Bewertungsrunden („Stage Gates“) in Gremien aus Experten, Vorgesetzten oder sonstiger Interessierten abzuhalten. 

Aber Absprachen und Gefälligkeiten sind der Hauptgrund dafür, dass solche Stage-Gates des Öfteren schlechte Entscheidungen fällen.

Diese lassen sich besser virtuell organisieren: 

  • Bereits vor der ersten Phase des Prozesses sollten Kriterien dafür aufgestellt werden, welche Ideen gesucht und gut bewertet werden 
  • Jeder Teilnehmer sollte getrennt von den anderen jede Idee einzeln bewerten
  • Software errechnet den oder die Sieger

Treffen braucht man sich dann nur noch, um die Umsetzung der gewinnenden Ideen zu besprechen.

9. Ideen umsetzen: Gestalten statt verwalten

Heutiges Ideenmanagement ist darauf ausgerichtet, genauestens zu prüfen, ob eine Idee umgesetzt werden kann. Damit alles gerecht zugeht, werden große Anstrengungen unternommen, Prämien korrekt zu berechnen.

Das führt teilweise dazu, dass mehr Energie in die Frage gesteckt wird, was eine Idee wert ist, anstatt diese umzusetzen. 

Eine absurde Entwicklung, denn eine Idee, die noch nicht umgesetzt wurde, ist nichts wert.

Prämien und der Wert einer Idee

Über den Wert einer Idee lässt sich vortrefflich streiten. Derjenige, der sie hatte hält sie für unbezahlbar. Diejenigen, die sie umsetzen sollen, halten Ideen des Öfteren für undurchführbar.

Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.

Mark Twain

Erkennen lässt sich dies auch an den Algorithmen, die heute angewendet werden, um Prämien zu bestimmen. Viele beziehen sich auf das fertige Produkt.

Erfolg hat drei Buchstaben
Foto: Gordon Johnson

Das ist ein Fehler, denn die wenigsten Ideen werden alleine von dem umgesetzt, der sie hatte.

Im wirklichen Leben muss man Unternehmer werden, um der Idee zur Blüte zu verhelfen.

Man bringt große Opfer und geht durch viele Täler bis man den Berg erklommen hat, bis sich die Idee gut verkauft. Und selten ist die umgesetzte Idee noch die vom Anfang.

Ein Dutzend Ideen kosten einen Pfennig. Die Menschen, die sie umsetzen sind unbezahlbar

Mary Kay Ash

Ideen sollten das Eintrittstor sein, aktiv bei einem inspirierenden Team mitarbeiten zu dürfen, oder diese sogar als Intrapreneur anzuführen.

Vom agilen Arbeiten zur Selbstorganisation

Wenn es um unternehmerischen Erfolg geht, ist in unserer schnelllebigen Zeit nichts so alt, wie ein ausführliches Pflichtenheft. Wenn das fertig ist, wollen die Kunden schon etwas anderes.

Sie können nicht Kunden einfach fragen was sie wollen. Wenn sie das gebaut haben, wollen die Kunden etwas anderes.

You can’t just ask customers what they want and then try to give that to them. By the time you get it built, they’ll want something new.

Steve Jobs

Dem begegnet moderne Produktentwicklung mit dem Ansatz der agilen Entwicklung. Das Wort „agil“ stammt zwar aus der Softwareentwicklung, genauso wie viele Techniken, allen voran „Scrum“. Aber das Prinzip geht für vieles mehr, wie die beiden Japaner Hirotaka Takeuchi und Ikujiro Nonaka schon 1986 beschrieben:The new new Product Development

Parallel arbeiten und kleine, beherrschbare Arbeitspakete bauen. Eine solche Arbeitsweise hat nicht nur eine größere Erfolgsaussicht, sie regt auch zu vielen weiteren Ideen an. Und jede dieser Ideen kann entscheidend sein!

Soll man nun jede dieser Ideen im Sinne des Ideenmanagement behandeln?

Es ist schlicht nicht sinnvoll, diese Arbeitsprozesse zu bürokratisieren. Wichtig ist, dass eine Dynamik entsteht und dass die Teams beginnen, sich selbst zu organisieren (was bei einer agilen Arbeitsweise nicht der Fall ist, denn diese funktionieren nach strengen Regeln).

Der neue Ideenmanager

Wer braucht noch Ideenmanager, wenn wir die Verwaltung von Ideen reduzieren, bzw. in die Hände anderer legen. 

Mit besserer Software, engagierten Mitarbeitern und einem mitarbeitenden Führungsgremium ist diese Frage berechtigt.

Von sehr innovativen Unternehmen wie Amazon oder Tesla ist noch nicht einmal bekannt, dass es Projektmanager gibt.

Alles wird automatisiert

Agentur

Wir haben gesehen, dass sich modernes Ideenmanagement selbst organisieren kann. Aber in den meisten Fällen ist es sinnvoll, Ideenkampagnen wie Werbekampagnen zu planen, aufzusetzen und laufend zu betreuen. Mehr noch als in der Werbung kommt es dabei auf jedes Wort an.

Zudem wollen Teilnehmer akquiriert werden und betreut werden. Die wenigsten Menschen machen bei solchen Aktionen noch mit, wenn sie den Sinn nicht sehen.

Berater

Der Ideenmanager muss zum Berater derjenigen werden, die kreativ sind und leidenschaftlich mitarbeiten wollen. Er muss Mittel und Wege kennen, gute Ideen zu fördern, so darzustellen, dass sie „gekauft“ werden und die Chance zur Umsetzung erhalten.

In gewisser Weise ist der Ideenmanager damit der Berater eines Startups in der Gründungsphase.

Manager

Der Ideenmanager von morgen sammelt nicht, fordert keine Gutachten an und berechnet keine Prämien. 

Aber er räumt den Weg frei für Teams, die die Welt verändern wollen, zumindest im Kleinen.

10. Change: Transformation für die Zukunft

Zu guter Letzt muss das Ideenmanagement der neuen Generation umgesetzt werden.

Dies bedeutet, Unternehmen zu transformieren, genauso, wie die digitale Transformation dies leisten muss. Vier Möglichkeiten dazu stellen wir vor:

Betriebsvereinbarung

Eine Betriebsvereinbarung geregelt Verhaltensweise innerhalb einer Firma. Meistens vor allem in Bezug auf Rechte von Mitarbeitern oder einzuhaltenden Prozessen.

Dieses Vorgehen stammt aus einer Zeit, in der Menschen Produktivitätsfaktoren waren. Dies ist bereits  an der Bezeichnung für die Abteilung fürs Personal zu erkennen: Solang diese HR, kurz für Human Resources heißt, behalten sie Ihre Betriebsvereinbarung am besten und ändern nichts.

Die Betriebsvereinbarung der Zukunft muss sein: 

„Liebe Mitarbeiter, ohne Euch ist diese Firma wertlos. Unsere Roboter könnten zwar noch produzieren, aber wir würden uns nicht weiterentwickeln. Lasst uns vereinbaren: Wir geben alles dafür, dass es Euch gut geht. Ihr gebt uns Eure Kreativität und eure Leidenschaft.“

Dann können Sie ihre alte Betriebsvereinbarung beerdigen.

Top-Down

Privilegien gibt man nicht vorschnell auf. Der Mensch ändert sich ungerne.

Aber entgegen aller Unkenrufe ist der Mensch das anpassungsfähigste Lebewesen auf diesem Planeten. Menschen ändern sich, wenn sie müssen. 

Das ist sicherlich keine Einladung für mehr Repression, denn dann gehen ihre Mitarbeiter eben woanders hin.

Entscheidend ist, dass man offen und ehrlich miteinander umgeht, und dass es Rahmenbedingungen gibt, die Engagement belohnen, die den Leidensweg durch die Bürokratie vereinfachen und die Möglichkeiten aufzeigen. Und die denn Sinn für die ganze Mühe verständlich beschreiben (Purpose).

Das kann nur das Top-Management erreichen.

Bottom-Up: Schneller, weiter, tiefer

Schneller sind Kollegen, die sich zu schlagkräftigen Teams zusammenschließen. Veränderungen, die von diese ausgehen, nennt man auch Bottom-Up, weil sie sich zunächst durch die ganze Organisation verbreiten müssen, bis sie oben ankommen.

Ein bewährter Ansatz aus dem Silicon Valley dafür nennt sich „Schneller, weiter, tiefer“. Denn ein kleines Projekt kann viele weitere Projekte inspirieren. Und wenn eine gewisse Dynamik entstanden ist, dann kann man das neue Vorgehen tiefer in der Organisation verankern.

Training und Software 

Wie wir in dem Artikel „Kreativitätstechniken“ beschrieben haben, kann man Kreativität trainieren. Jede Organisation sollte dies tun.

Zudem kann moderne Software für das Ideenmanagement viel mehr erreichen, als nur bürokratische Prozesse abzubilden. Jede Organisation einer gewissen Größenordnung (beginnend bei mehreren Standorten) sollte eine solche Software nutzen.