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Digitale Transformation von Unternehmen im Dialog erforschen und gestalten
29.10.2024https://www.bidt.digital/digitale-transformation-von-unternehmen-im-dialog-erforschen
Wie Wissenschaft und Wirtschaft erfolgreich in Dialog gehen, zeigt das bidt-Projekt zur digitalen Transformation von Engineering-Unternehmen. Professor Thomas Hess und Dr. Angela Graf vom bidt sowie Dr. Holger Hackstein von Schenck Process berichten im Interview über spannende Perspektiven auf die digitale Transformation von Unternehmen.
12. Juli 2024
Durch den lebendigen Austausch im Forschungsprojekt sind neue Fragen entstanden, die das Forschungsteam im nächsten Projektabschnitt behandeln wird. Die Ergebnisse sollen für echte Praxisprobleme in Organisationen anwendbar sein, ohne als One-Size-fits-all-Lösung missverstanden zu werden.
Wie haben Sie Anfang 2022 für das bidt-Projekt zusammengefunden?
Graf: Im Forschungsteam interessierten wir uns besonders für Maschinenbauunternehmen, denn diese Firmen fokussieren sich intensiv auf Technologie – aber nicht vorrangig auf Digitaltechnologien. Unsere These war: Bei traditionsreichen Maschinenbauunternehmen wird die Identität durch digitale Transformation besonders stark infrage gestellt. Als wir Holger Hackstein kennenlernten, war schnell klar: Das kann für beide Seiten unglaublich interessant werden. Schenck Process ist führend in der Mess- und Verfahrenstechnik mit 140-jähriger Tradition, das passte also optimal.
Hackstein: Absolut. Bei den Gesprächen mit dem bidt stellte ich fest, dass ich einige Aspekte von Transformation bisher nie bedacht hatte, zum Beispiel, wie stark die Digitalisierung die Unternehmens-DNA – die Identität – beeinflusst.
Was bedeutet Unternehmensidentität konkret?
Graf: Unternehmensidentität ist die kollektive Antwort auf die Frage: Wer sind wir eigentlich? Sie ist ein Wegweiser für das Handeln sowie für Entscheidungen im Unternehmenskontext und die Grundlage für ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Das Bewusstsein darüber wird aber nicht täglich reflektiert, sondern tritt erst zutage, wenn die Organisation mit Unsicherheiten konfrontiert wird.
Ist der Einfluss digitaler Technologien auf Unternehmen wirklich so groß?
Hess: Auf jeden Fall, das kann man schon seit über 40 Jahren beobachten, wobei der Einfluss über die Jahre immer größer geworden ist. Aus wissenschaftlicher Perspektive bezeichnen wir den Einfluss digitaler Technologien auf Unternehmen als digitalen Wandel. Wenn aber eine neue Technologie, wie derzeit die künstliche Intelligenz, grundlegende Strukturen infrage stellt, spricht man von Transformation.
Der erste Projektabschnitt bestand aus mehreren Fallstudien. Was konnten Sie herausfinden?
Graf: In unseren Studien mit Schenck Process und anderen etablierten Maschinenbauunternehmen haben wir eine starke Technologieaffinität und ausgeprägte Problemlösungsfähigkeiten festgestellt. Eine radikale Umgestaltung, ein Tabula rasa, wäre da unangebracht. Die digitale Transformation muss das bestehende Selbstverständnis eines Unternehmens berücksichtigen und mit dessen Zukunftsvisionen in Einklang bringen.
Wie gestalten Sie die Forschung im Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft?
Graf: Seit fast zwei Jahren treffen wir uns regelmäßig und die Diskussionen bringen immer wieder neue Forschungsfragen hervor. Wir geben Impulse für die Praxis und bieten einen analytischen Blick von außen, ohne dabei Anweisungen zu erteilen, und begleiten den Reflexionsprozess im Unternehmen. Gleichzeitig gewinnen wir durch unsere Beobachtungen und Analysen wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse.
Hess: Jetzt haben wir uns entschieden, unsere Partnerschaft fortzusetzen und noch offener in ein Anschlussprojekt zu gehen. Statt mit einer festen Forschungsfrage anzutreten, werden wir gemeinsam erkunden, welche praktischen Herausforderungen besonders relevant und akademisch interessant sind.
Die Frage der Kommunikation und Partizipation wird ein Teil des nächsten Projektabschnitts sein. Wie gehen Sie da ran?
Hess: In der nächsten Phase möchten wir unter anderem lernen, wann ein partizipativer Ansatz überhaupt angemessen ist und wann nicht. Das Interessante an unserer Herangehensweise ist, dass wir uns mit dem Unternehmen zusammen an Themen wagen, die noch nicht gelöst sind. Wir entwickeln und erproben neue Ansätze im Dialog. Unsere Methoden reichen von klassischen sozial und wirtschaftswissenschaftlichen Verfahren, wie Dokumentenanalysen und Interviews, bis hin zu ethnografischen Beobachtungen und sogar zu Verfahren der gestaltungsorientierten Forschung, wie sie aus dem Engineering bekannt sind.
Hackstein: Konkret stehen wir zum Beispiel vor der Herausforderung, alle Mitarbeitenden zu erreichen, insbesondere die ohne täglichen PC-Zugang, wie in unserer Fertigungseinheit in Darmstadt. Während viele von uns regelmäßig E-Mails abfragen oder das Wetter online checken, sind manche Mitarbeitenden aufgrund der betrieblichen Tätigkeiten von digitalen Ressourcen im Arbeitskontext abgeschnitten.
Worauf sind Sie besonders gespannt im weiteren Verlauf des Projekts?
Hackstein: Ein wichtiges Anliegen sehe ich darin, dass der Wandel hin zur Digitalisierung unternehmensweit verstanden und akzeptiert wird. In der Maschinenbauindustrie ist das keine leichte Aufgabe, denn hier herrscht oft ein eher traditionelles Verständnis von Arbeit.
Hess: Es wird interessant zu sehen, wie Kommunikationsstrategien in Transformationsprozessen gestaltet werden müssen, um erfolgreich zu sein. Das ist ein bisher wenig erforschtes Gebiet.
Graf: Unser Projekt befasst sich mit einer der großen Herausforderungen unserer Zeit: Wie können sich etablierte Organisationen digital transformieren? Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, die Komplexität solcher Veränderungsprozesse besser zu verstehen und gemeinsam mit der Praxis Ideen für eine erfolgreiche Transformation entwickeln, die auch die Beschäftigten mitnimmt. Es wird allerdings keine Einheitslösung herauskommen. Wir können allgemeine Ansätze und Konzepte entwickeln, die Organisationen dabei helfen, die für sie am besten geeigneten Wege zu erkennen und nicht intendierte Effekte zu vermeiden. Aber die Umsetzung muss auf das Selbstverständnis und die Bedürfnisse jedes Unternehmens zugeschnitten sein.
Prof. Dr. Thomas Hess
Mitglied im bidt-Direktorium | Professor für Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre, Ludwig-Maximilians-Universität München
PD Dr. Angela Graf
Forschungskoordinatorin und Projektleiterin, bidt
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